Hermsdorfer Ziegelei und TECHNOLOGIE - Maschinen erzeugte Ziegel zurück zum Abschnitt
Mitteilungen: Architekten-Verein zu Berlin. Sonnabend den 10. Juli. Exkursion nach der Ziegelei des Herrn Lessing in Hermsdorf. Abfahrt pünktlich 2 ½ Uhr vom Brandenburger Thor. Für die Anordnungen … Stüler. Wiebe.

Bericht: Sonnabend, den 10. Juli fand unter Betheiligung von 68 Vereinsmitgliedern eine Exkursios zu Wagen nach der etwa 2 Meilen von Berlin in der Nähe von Tegel belegenen Ziegelei des Herrn Lessing zu Hermsdorf statt. Die Hemsdorfer Ziegelei, welche bis auf die neueste Zeit für die Mehrzahl der grösseren Ziegelrohbauten in Berlin thätig gewesen ist, wurde vor etwa 45 Jahren (1824?) durch Auffinden der Thonlager begründet und beschäftigte sich Anfangs mit der Fabrikation gewöhnlicher Mauerziegel, welche nach dem Bau der Chaussee (von Berlin nach Mecklenburg-Strelitz) auch in Berlin zahlreiche Verwendung fanden und hier sehr gesucht waren.

Mit dem Bau der Werderschen Kirche und der nachdrücklicheren Wiederaufnahme des Ziegelrohbaues in Berlin begann indessen die Fabrik, besonders unter Leitung ihres früheren Besitzers Wernicke, sich der Anfertigung von Verblend- und Formsteinen zuzuwenden und lieferte unter Anderem die Verblendsteine für die Petri-, Michaels-, Markus-, Bartholomäus- und Moabiterkirche, sowie für die Kirche in der Bernburgerstraße.

Unter ihrem gegenwärtigen Besitzer wurde die Ziegelei, welche bisher nur mit Handbetrieb arbeitete, mit den nöthigen Einrichtungen für Maschinenbetrieb versehen. Nächste Veranlasung gab hierzu der Bau des neuen Rathhauses, für welches die Fabrik die Verblendung der Hoffacaden lieferte; gleichzeitig war sie thätig für den Bau des Zentral-Telegraphen Gebäudes in der Französischen Strasse, der Dorotheenstädtischen Kirche, der neuen Synagoge, des Anatomiegebäudes im Garten der Thierarzneischule, des Erziehungshauses in der Hasenhaide, der Thomaskirche und der Hamburger Kunsthalle, endlich für verschiedene städtische Bauten Berlins, namentlich die Schulen in der Weinmeister- und Steinstrasse, das Kölnische Gymnasium, die Rathswaage am Oranienplatz u.s.w.

Augenblicklich liegen die Arbeiten für die neue Strafanstalt Plötzensee und die katholische Kirche zu Potsdam vor. Die zur Fabrik gehörigen Thonlager liegen unmittelbar bei der selben und dehnen sich von Ost nach West etwa auf eise Fläche von 40 Morgen aus. Sie wurden bis auf eine Tiefe von 190' nicht durchbohrt. Der Thon ist zum Tertiär-Gebirge, Septariethon der dritten Formation, doch wird ausser diesem auf der Feldmark noch Weiß-Thon und Roth-Thon gewonnen. Der Betrieb der Fabrik geschieht theils durch Pressmaschinen vermittels Dampf, theils durch Handarbeit und Pferdegöpel. Für die ersteren dient ein 26 bis 40 pferdiges Borsig'sche Dampfmaschine, welche auch gleichzeitig mittelst dreier Druck- und Saugpumpen die auf der tiefsten Stelle der Thonlager sich sammelnden Tagewasser hebt und zum Theil zum Betriebe verwendet wird. Die Fabrik unterhält 11 Brennöfen, die gegenwärtig mit Holz und Steinkohlen gefeuert werden, für welche aber späterhin die bedeutenden Torflager des Gutes nutzbar gemacht werden sollen. Sie beschäftigt etwa 120 Arbeiter und liefert jährlich circa 1 Million feine Verblendsteine mittelst der Dampfpresse, eine und eine halbe Million Verblendklinker und Steine vermittelst Handbetrieb, sowie nach Bestellung Bauornamente, Formsteine, figürliche Gegenstände, Wasserleitungsröhren u.s.w. In nächster Zeit wird die Fabrik auch gewöhnliche Mauersteine anfertigen.

Nach einer Wanderung durch die gesammten Fabrikanlagen bewirthete der Besitzer in liebenswürdiger Weise die Mitglieder des Vereins in seinem Hause.

Deutsche Bauzeitung, Wochenblatt herausg. von den Mitgliedern d. Architekten-Vereins zu Berlin, 1869
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HERMSDORF.
bei Berlin.