Ziegeleien Ferchesar — Technologie der Rathenower Handstrichziegeleien.

 zurück Technologie Handstrichziegelei  oder Bildklick

Vom Schlick zum gebrannten Ziegel Ton-Mischung mit Sand Aufbereitung im Sumpf und Tonschneider Bild maximiert

Vom "Schlick" zum gebrannten Ziegel.

Tonmischung mit Sand, Aufbereitung im Sumpf und Tonschneider. Die Schwindung beim Trocknen und Brennen.

Der frisch gestrichene Ziegel, die Tonsubstanz und der Sand.
Allgemein gilt: Der Rathenower Schlick ist "fett", das heißt, er würde ohne Zusatz von Sand beim Trocknen und Brennen rissig werden. Daraus lassen sich keine Ziegel streichen, die Mühe ist vergeblich. Die Mischung erfolgt in den Sümpfen, gemauerte oder Holzbehälter von ca. 3 m³ und davon 4 Abteilungen. In die Sümpfe kommt ausgewinterter Ton und scharfer Sand im Verhältnis 5:2. Genaue Angaben hierzu gibt es nicht, es kann auch im Verhältnis 3:1 oder 4:1 gewesen sein. Sind die Sümpfe gefüllt, wird Wasser aufgeschüttet, bis 2 Finger breit über der Masse, zuviel Wasser macht die Masse wertlos, der Ton ist "ersäuft" worden. Der Ton quillt und nimmt begierig das Wasser auf. So bleibt die Masse 4—5 Tage ruhen. Abbildung Tonschneider u. Sümpfe nächste Tafel.

An den Sümpfen sind 2 Arbeiter beschäftigt. Nach 4—5 Tagen werden die Abteilungen mit dem Spaten von oben herab abgestochen, die Mischung wird in den zentralen Tonschneider geworfen. Es wird die Sand-Tonmasse durchgearbeitet mit Eisenmessern an einer vertikaler Achse, die zugleich Druck nach unten erzeugt. Die Achse wird durch Pferdegöpel angetrieben. Der streichfertige Ton tritt in einer der 4 Abteilungen des Sumpfes unten aus und wird hier mit Karre von einem weiteren Arbeiter, dem Aufkarrer, zum Streichtisch gebracht. Zwischenzeitlich sind die leeren Abteilungen wieder mit Ton und Sand befüllt worden. Es dürfen keine Unterbrechungen stattfinden. Der Ziegelstreicher verarbeitet pro Woche bei 10.000 Ziegeln ca. 20 m³ streichfertigen Ton aus den Sümpfen. In den Handstrich-Ziegeleien bei Ferchesar, waren sicherlich je 2 Sümpfe und 2 Streich-Tische vorhanden, um kontinuierlich einen Ofen für 60.000 Ziegel zu befüllen zu können.
 zurück Technologie Handstrichziegelei  oder Bildklick


Tonschneider als Pferde-Göpelwerk und gemauerte Sümpfe.

 zurück Technologie Handstrichziegelei   oder Bildklick

Tonschneider aus Eichenholz und gemauerte Sümpfe in Petzow bei Werder Bild maximiert
Oben: Tonschneider aus Eichenholz mit senkrechter, eiserner Achse und daran befestigt Schneidemesser, angetrieben als Pferdegöpel.
Unten: Gemauerte Sümpfe mit 4 Abteilungen, drei als Sümpfe die vierte als Austrittsgrube für den aufbereiteten Ton. Hier entnahm der Aufkarrer den streichfertigen Ton und brachte ihn per Schubkarre (auf Laufbohlen) zum Streichtisch.
Bilder in der unteren Hälfte: Ziegelei von Kähne, "Löcknitz" bei Petzow.
 zurück Technologie Handstrichziegelei 

Vom Formen der Ziegel in einer Handstrich-Ziegelei.

 zurück Technologie Handstrichziegelei  oder Bildklick

Ziegel Formen und Einrichtung einer Handstrischziegelei Bild maximiert
Formen und Einrichtung einer Handstrischziegelei. (Quelle: Otto Bock "Die Ziegelei".)
Typische Arbeitseinrichtungen einer Handstrich-Ziegelei für Mauersteine und Dachziegel wie sie im Rathenower Gebiet betrieben wurde. 1: Die Streichform aus Holz mit Eisenkanten, auch als Doppelform, aber nicht im besagten Gebiet. 2: Eine eiserne Form mit Holzunterlage, wahrscheinlich wurden die Rathenower hiermit hergestellt, die gute Maßhaltigkeit und Kantenschärfe sprechen dafür. 3: Eiserne Form für Dachziegel 4: Der Streichtisch.
 zurück Technologie Handstrichziegelei 
plan4

Formen und Einrichtung einer Handstrischziegelei für Dachziegel Bild maximiert

Formen und Einrichtung einer Handstrischziegelei für Dachziegel. (Quelle; Otto Bock "Die Ziegelei".)
Typische Arbeitseinrichtung einer Handstrich-Ziegelei für Dachziegel. 1: Der Streichtisch. 2: eiserne Streich-Form, rechts daneben eine Holzform. 3: Verschiedene Dachziegel, bei 3 die übliche Form der „Rathenower Biberschwänze“. 4: Ein sogenannter Hohlziegel, für die Firstabdeckung eines Daches.
 zurück Technologie Handstrichziegelei 

Unterschiede bei Rathenower Ziegel-Formaten.

 zurück Technologie Handstrichziegelei  oder Bildklick

Unterschiedliche Rathenower Ziegel Formate 1830 bis 1905 Bild maximiert
  • 1  WM, Wienkoop Mögelin, vor 1830.  Maße: 5,5 x 11,5 x 23,5 cm.  Gewicht: 2,832 kg
  • 2  Witte & Co. Bützer, 1875. Maße: 5,5 x 12 x 24,5 cm.  Gewicht: 3,164 kg
  • 3  V.v.K., Victor von Katte Sydow, 1860.  Maße: 6 x 12,5 x 25,5 cm.  Gewicht: 3,523 kg
  • 4  F. Pau Genthin, vor 1860.  Maße: 6 x 12,5 x 26 cm.  Gewicht: 3,786 kg
  • 5  Kehnert a/E, 1845.  Maße: 6 x 13,5 x 26,5 cm.  Gewicht: 3,718 kg
  • 6  Alte Kirche in Böhne, vor 1800.  Maße: 6,5 x 13,5 x 27 cm.  Gewicht: 4,570 kg
  • 7  Alt-neues Klosterformat, um 1890 bis 1910. Handstrich-Ziegel von Heidepriem oder Matthes & Sohn, beide in Rathenow.
        Maße: 9 x 14 x 28,5 cm.  Gewicht: 6,928 kg

 zurück Technologie Handstrichziegelei 

Vom Ziegelbrennen mit Holz.

 zurück Technologie Handstrichziegelei  oder Bildklick

Vom Ziegelbrennen mit Holz Berechnung Holzmenge für einen Brand im Ziegelofen Bild maximiert
Vom Ziegelbrennen mit Holz.
Bezugsgröße ist der Gewölbeofen (Abb. oben, links), mit Brennraum ca. 155 m³.

Der Gewölbeofen ist für 60.000 Ziegel ausgelegt. Der Ofenraum ist breit = 4.25 Meter, hoch = 4,5 Meter, lang = 7,8 Meter
  • A. 2 Tage rechnet man für das Einstapeln der Ziegel, hier ist Sorgfalt und Genauigkeit angezeigt. Die Ziegel werden auf Daumenbreite im Zwischenraum, schichtweise überkreuzt gesetzt. Der Brennvorgang dauert ca. 3 1/2 Wochen, 21 bis 24 Tage.
  • B. 2-3 Tage Schmauchfeuer mit Reisig- oder Stuken-Holz (zerteilter Baumstumpf mit Wurzel), langsame Steigerung bis 300°, alle Ziegel, sind durchgängig trocken.
  • C. 7 Tage Mittelfeuer bis 800°, die Ziegel sind in Rotglut.
  • D. 3 Tage Vollfeuer bis 960-1020°, die Tonsubstanz beginnt zu sintern, wird "fließend", das Kristallgefüge ist vollendet.
  • E. Alle Heiz- und Zug-Öffnungen werden hermetisch verschlossen.
  • F. Der Ofen und die Ziegel müssen 7 Tage langsam abkühlen.
  • G. 2 Tage rechnet man für das Auskarren der fertigen Ziegel auf den Stapelplatz.
A. (Abb. oben, Mitte) 1000 Ziegel als allgemeine Maß-Einheit. Ziegelstapel (A.) links besteht aus 1000 Ziegeln. Als Grundfläche werden 64 Ziegel im 4er Verbund recht-winklig versetzt. Die Höhe besteht aus 16 Schichten hochkant gesetzter Ziegel. Der Stapel hält 1,82 m³, und wiegt ca. 3.500 kg (3,5 t.).
B. (Abb. oben, rechts) Ein Raum-Meter Spaltholz, ca. 1 m³. Um 60.000 Ziegel gut zu brennen, wird eine enorme Menge Holz benötigt. Man rechnet für 1000 Ziegel ca. 3/4 Klafter (ca. 2,6 m³) Kiefern-Spaltholz. Das Volumen von Ziegel zu Holz steht im Verhältnis von ca. 3:4 *), im Gewicht ist es wie 3:1. Das Volumen an Brennholz für einen Ofenbrand mit 60.000 Ziegeln beträgt ca. 153 m³, davon ein geringer Teil Reisig-Holz zum Anfeuern.
*) Genaue Überlieferungen hierzu gibt es nicht, als Faustregel kann auch gelten ein Verhältnis von 2:3, 2= Ziegelvolumen 1000 Ziegeln (1,8 bis 2,0 m³). 3= Holzvolumen (3 m³) als Äquivalent zum Brennen der 1000 Ziegel. 1 preußisches Klafter = 3,339 m³

Der Ziegelmeister oder Brenner:
Der Ziegelbrenner hat 2 Gehilfen, welche sich beständig ablösen müssen beim Befeuern des Ofens. Über gut 3 Wochen muß rund um die Uhr, 24 Stunden der Ofen beobachtet und das Feuer kontinuirlich gesteigert werden. Außerdem spielen auch die Witterungsverhältnisse eine gewisse Rolle, Wind, Außentemperatur, Regen usw. Es gab keine Messinstrumente als Hilfe, alles ist auf Können und Erfahrung des Ziegelmeisters / Brenners gegründet. Daher war es klug und ratsam, den Ziegelmeister mit seiner Erfahrung lange an die Ziegelei zu binden. Man gab ihm ein Haus, Stallung und Garten neben seinem Verdienst.
 zurück Technologie Handstrichziegelei 

Innenansicht Rathenower Ziegel. Die Tonsubstanzen.

 zurück Technologie Handstrichziegelei  oder Bildklick

Bruchflächen Rathenower Ziegel Tonsubstanzen Eisenpartikel nach dem Brennen Bild maximiert
Die Innenansicht Rathenower Ziegel.
Im Bruch sind die Farben noch wie am ersten Tag nach dem Brennen. Das charakteristische sind die linsen- bis erbsgroßen, eisenhaltigen Einschlüsse im Ton, rechts im Bild etwas vergößert dargestellt (weiß umrandet bei 1a und 2a). Daran erkennt man immer einen „Rathenower“ und das gilt auch für die Dachziegel. Es gibt verschiedene rote Handstrich-Ziegel in Berlin, nur die Rathenower zeigen sich so.

1. Ein gut ausgebrannter Mauerziegel. 2. Ein schärfer gebrannter Ziegel, zu erkennen an der dunkler werdenden roten Brennfarbe. Bei noch höheren Temperaturen geht die Farbe ins bräunliche, weiter gesteigerte Temperatur ergibt eine grünliche Färbung, bis zur oberflächlichen Verglasung.

Rathenower Ziegel verglast und Schwachbrand
Bild links: verglaster Ziegel mit Rissen.   Bild rechts: zu schwach gebrannter Ziegel mit Eiseneinschluß.
Garnisonsfriedhof an der Hasenhaide, Berlin Tempelhofer-Feld, 1842.
 zurück Technologie Handstrichziegelei 

Der Kaffenkahn als Ziegeltransporter auf Havel und Spree.

 zurück Technologie Handstrichziegelei  oder Bildklick

Kaffenkahn um 1800 Standard Schiff für Ziegeltransport in Brandenburg Bild maximiert
Der Kaffenkahn als Ziegeltransporter, erste Hälfte 19. Jahrhundert.
Ein Kaffenkahn um 1800 in Seitenansicht. Der Mast mit dem Sprietsegel, das mittels Kloben verspannt wird. Die Schrägstellung des Segelbaums läßt sich regulieren. Die Länge des Kahn berträgt 31 Meter, die Breite 3,5 Meter, die Höhe mit Aufbauten 2,8 Meter. Mit der Inbetriebnahme des Finow-Kanals um 1750 erreichten die Kähne eine Tragfähigkeit bis zu 50 Tonnen. Einhundert Jahre später gab es Kähne mit bis zu 150 Tonnen Tragfähigkeit.

Der Schiffer nahm nur Aufträge von der Ziegelei an, wenn sein Kahn voll beladen werden konnte. Hatte der Kahn ein Lade-Volumen für 90 Tonnen, dann bedeutet das 20.000 Ziegel à 3,5 kg. Ein Ofenbrand mit 60.000 Ziegeln, sind 3 Kahnladungen à 90 Tonnen. Ausnahme: Bei Niedrigwasser im Hochsommer, zwischen Rathenow und Brandenburg, verringert sich die Zuladung bis auf die Hälfte des Normalwertes von 90 Tonnen. Niedrigwasser in den Sommermonaten war durchaus häufiger anzutreffen und verursachte Probleme bei Lieferterminen, bzw. Preisminderung beim Abnehmer wegen dem stockenden Baufortschritt.

Um 1860. Der Transport über Havel und Spree (ab Spandau), dauert minimum 4 Wochen. Der Kahn wird gesegelt, getreidelt oder gestakt. Neben dem Schiffer sind die Frau und Kinder mit an Bord und helfen. Der Vertrag lautet "Nach Berlin", Ufer des Landwehrkanals, der Spree in der Nähe der Baustelle, also "Frei-Ufer, Baustelle Berlin". Das Ausladen der Ziegel gehört zum Vertrag, der Schiffer muß auf Laufbohlen und mit Karre die Steine an’s Ufer "balancieren", dort aufstapeln. Liegt die Ladestelle "über den Damm", bekommt er 30 Sgr. extra pro 1000 Ziegel. Für den ganzen Transport bekommt er 2½ — 3 Thaler pro 1000 Ziegel, also bei einem 90 Tonnen-Kahn mit 20.000 Ziegeln = 60 Thaler.

In der Berliner Innenstadt überwinterten 1860 bis zu 3.500 Kähne mit fast 12.000 Personen, die Anwohner an Kanälen und Spree empfanden das aus hygienischen Gründen und der Rauchentwicklung wegen als lästig. Die Familie des Schiffers lebte auf dem Kahn, hier wurde geheizt, gekocht, gewaschen. Die Kinder gingen in den Wintermonaten in der Stadt zur Schule.
 zurück Technologie Handstrichziegelei