Die Ziegelei und Kalkbrennerei HEIDEPRIEM am Weinberg,
in Rathenow ab 1850/53.
Von Heike Brett Rathenow — Mail: heikebrett@gmx.de Diese Seite basiert auf einer früheren Arbeit: Die Grabstellen der Ziegeleibesitzer auf dem Friedhof am Weinberg in Rathenow — hier als PDF-Datei
Das Familiengrab von Wilhelm Heidepriem befindet sich an der westlichen Friedhofsmauer. Die Inschrift: Familie W. Heidepriem ist schlecht lesbar und bedarf dringend einer Nachbesserung. Wie bei der Familie Meuß befinden sich u.a. in dieser Grabanlage Vater und Sohn Heidepriem, beide Ziegeleibesitzer auf der Ziegelei am Weinberg.
1. Heidepriem, Friedrich Wilhelm.
geb. 1814 in Spaatz gest. 1875 in Rathenow. Sohn des Ackermanns Johann Heidepriem aus Spaatz. Durch seine Hochzeit mit Friederike Todt, einer Tochter des Rathenower Brauereibesitzers Johann David Todt im Jahre 1841, übernimmt er die Geschäfte seines verstorbenen Schwiegervaters und ist seitdem Kaufmann, Braueigner und Gastwirt. Die Grabanlage des Todt's befindet sich ebenfalls an der westlichen Mauer.Vergrößern oder Bildklick
Ziegelei Heidepriem in Rathenow am Weinberg, im Vordergrund das Dampf-Sägewerk
Foto: Hermann Ventzke Rathenow ca. 1890, mehr Informationen: LINK
In einer Chronik über Rathenow von Eduard Duncker, Sohn von Johann Heinrich August Duncker steht unter 1857 über Wilhelm Heidepriem geschrieben:
"Ziegeleibesitzer ohne Schulbildung ... Bald folgte nun schon dem eben erwähnten Bankrott (Anm. H.B. gemeint ist die Ziegelei von Sittig und Wallstab 1856) hier ein zweiter, des Ziegeleibesitzers Heidepriem, eines Mannes, der fast gänzlich ohne Schulbildung (Anm. H.B. er kam aus dem Dorf Spaatz und war ein Bauernsohn) nur allein durch ungewöhnliche Intelligenz zum Besitzer eines ausgebreiteten Ziegelei- und Holzhandelgeschäftes emporgearbeitet hat. Bei diesem Fallissement waren jedoch weniger hiesige Einwohner beteiligt. Die Verluste betrafen hauptsächlich größere auswärtige Handelshäuser. Der Heidepriem hat nach einiger Zeit sich arrangiert und sogar sein Geschäft im größeren Umfange fortsetzen können."
Ziegelstempel HEIDEPRIEM RATHENOW 3
Lage Ziegelei Heidepriem am Weinberg
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Im Jahre 1855 beantragt Wilhelm Heidepriem den Bau einer Spiritusbrennerei und Anlage eines Roßwerkes (Pferde-Göpel) auf seinem Gute Carlstal bei Ferchels. Man kann davon ausgehen, dass der Schnaps zur Versorgung der Ziegeleiarbeiter benötigt wurde, das war damals üblich und der Schnaps ein Bestandteil der Entlohnung. Ob sich Wilhelm Heidepriem mit seinen Zukäufen übernommen hat, kann nur vermutet werden, jedenfalls musste er im Dezember 1856 den kaufmännischen Konkurs anmelden.Lage Ziegelei Heidepriem am Weinberg
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Die Ankündigung "Notwendiger Verkauf": Wohn- und Wirtschaftsgebäude, Parkanlage, eine Ziegelei, Kalkbrennerei und Dampfschneidemühle ist aktenkundig.
Vermutlich durch den finanziellen Beistand seines Schwagers, des Kaufmanns August Friedrich Wilhelm Köppen, kann der Verkauf des beschriebenen Besitzes abgewendet werden. Für die nächsten Jahre tritt Kaufmann Köppen als Miteigentümer auf.
Ab 1863 hat sich Wilhelm Heidepriem finanziell saniert, er ist wieder alleiniger Eigentümer seines Betriebes.
J. L. Bergmann muß heißen = J. L. Borchmann
2. Heidepriem, Julius Karl, (Carl).
geb.1846 in Rathenow gest.1919 in Rathenow. Nach dem Tod seines Vaters übernimmt der Sohn als Inhaber die Firma Wilhelm Heidepriem. Er gliedert der Dampfschneidemühle eine Holzleistenfabrik an.1884 erbaut der Firmenchef in seiner Ziegelei einen Ringofen, später einen Weiteren. In einem Glasurofen entstehen die Glasursteine der Firma W. Heidepriem. Drei betriebseigene Kähne, gezogen vom Dampfer "Zieten" brachten die benötigte Erde aus Havelberg heran. 1901 sind in der Ziegelei am Weinberg 106 Arbeiter, davon 81 Arbeiter über 21 Jahre, sowie 7 Frauen und 3 Mädchen beschäftigt. Für die Ziegelei am Weinberg existierte eine Arbeitsordnung.
Die Heidepriem'sche Ziegelei lieferte 1895 die Formsteine für das Kreishaus, 1912 die weißen Glasursteine für die Rückwand des Verwaltungsgebäudes der optischen Firma "Nitsche und Günther".
Karl Heidepriem war Vorsitzender des Vorstandes der Ziegeleigenossenschaft und Stadtverordnetenvorsteher. Nach seinem Tod wurde zu seinen Ehren die Anschrift der Straße, die an seiner Ziegelei und seinen Wohnhäusern vorbeiführte von "Weinberg" auf Karl-Heidepriem-Weg umbenannt.
Anhang:
Berufsgenossenschaftliches:
Versammlung der Sektion IV. der Ziegeleiberufsgenossenschaft. Am 30. August d. Js. tagte in dem Architektenhause zu Berlin die diesjährige Sektionsversammlung der Sektion IV. In Abwesenheit des plotzlich erkrankten Herrn Vorsitzenden eröffnet der stellv. Vorsitzende Herr Heidepriem um 11 Uhr Vorm. mit begrüssenden Worten die Versammlung, konstatirt deren ordnungsgemässe Einberufung und geht nach Verlesung des Protokolls aus dem Vorjahre zur Erledigung der Tagesordnung über. ...
In der hieran anschliessenden Vorstandssitzung konstatirt sich der Vorstand wie folgt:
a. Vorsitzender Hr. P(aul) Benekendorff, Freienw. a. O.,
b. stellv. Vorsitzender: Herr C. Heidepriem, Rathenow, c. Schriftführer und Mitvertreter nach Aussen: Herr M. Mannheimer, Berlin. Tonindustrie-Zeitung und Keram. Rundschau - II. Halbj. 1898. S. 961 LINK
Würdigung: Karl Heidepriem als Vorsitzender der Ziegelei-Berufsgenossenschaft.
Der Vorsitzende, Herr Wilhelm Damkohler (Braunschweig), eröffnet die Sitzung vormittags 10 Uhr 45 Minuten und begrüßt die erschienenen Herren herzlichst. Er gedenkt mit warmen Worten des am 14. Oktober 1919 verstorbenen langjahrigen früheren Vorsitzenden Herrn C. Heidepriem (Rathenow). Herr Damkohler berichtet uber das würdlge Begräbnis, das dem Entschlafenen im Beisein der Spitzen der Zivil- und Militärbehorden in Rathenow zuteil geworden ist. Der Genossenschaftsvorstand war hierbei durch den Vorsitzenden und den Verwaltungsdirektor vertreten.
Die Versammlung erhebt sich zu Ehren der Entschlafenen von ihren Plätzen. Für den verstorbenen Herrn Heidepriem ist Herr Michaelis (Brandenburg) in den Genossenschaftsvorstand eingetreten. Als Vertreter der Sektion 4 und 5 sind in der heutigen Sitzung erstmalig anwesend, die neugewahlten Vorsitzenden dieser Sektionen, die Herren Hornemann (Berlin) und Dr. Moritz Schultz (Saarau). Der Vorsitzende heißt sie in ihrem neuen Ehrenamt willkommen.
Ehrenmltglied:
Die Absicht, auch Herrn Heidepriem (Rathenow) die Ehrenmitgliedschaft anzutragen, hat leider dessen Tod vereitelt.
Quelle: Seite 111/112 — Nr. 12 Tonindustrie-Zeitung 1920 (44. Jahrgang) LINK
Weitere Berufungen und berufliche Tätigkeiten:
Ständige Kommissionen des Deutschen Handelstages 1910 (Nach der Zusammensetzung vom 14. April 1910.) Brandenburg: Heidepriem, Karl (Ziegelei), Rathenow. Seite 472 LINK
Das Reichs-Versicherungsamt und die Deutsche Arbeiterversicherung: Festschrift des Reichs-Versicherungsamts zum Jubiläum der Unfall- und der Invalidenvers. 1910 LINK
- Auszeichnung: Seine Königliche Hoheit der Herzog von Braunschweig hat dem Vorsitzenden der Ziegelei-Berufsgenossenschaft, Herrn Carl Heidepriem das Ritterkreuz 2. Klasse des Ordens Heinrich des Löwen verliehen. (TIZ 1914, S. 14)
- Auszeichnung: Carl Heidepriem Rathenow ist das Verdienstkreuz für Kriegshilfe verliehen worden. (TIZ 1918, S. 278)
- Anzeige: Carl Heidepriem † am 14. Oktober, geboren am 5. Mai 1846, sein Vater hinterließ ihm eine Handstrichziegelei u. eine Dampfschneidemühle. (TIZ 1919, S. 513)
3. Heidepriem, Karl August Wilhelm.
Dr. Phil. geb. 1876 in Rathenow gest. 1945 in Rathenow. Wegen des schlechten Gesundheitszustandes seines Vaters gibt er seine eigenen beruflichen Pläne auf und übernimmt die Firma W. Heidepriem schon zu Lebzeiten seines Vaters. Die Betriebsteile Dampfschneidemühle, Holzleistenfabrik und Kalkbrennerei werden geschlossen und dafür die Produktion von Ziegelsteinen erweitert. Vater und Sohn kaufen die Handstrichziegelei Ludwigslust bei Rathenow von Hubert Borchmann und die Handstichzieglei von Joachim Friedrich Güldenpfennig in Bützer dazu.Dr. Wilhelm Heidepriem war wie auch sein Vater Stadtverordnetenvorsteher der Stadt Rathenow. 1919 wird die Ziegelei der Firma W. Heidepriem stillgelegt. Der Enkel des Firmengründers und letzte Inhaber der Ziegelei liegt nicht in diesem Familiengrab auf dem Friedhof am Weinberg. Er nahm sich wie auch seine Frau und Tochter im Mai 1945 das Leben.
Die Familie fand im Garten am Wohnhaus ihre letzte Ruhestätte.
Im Rathenower Heimatkalender (2014, Seite 44-54) widmet Herr Martin Manns, Dr. phil. (Karl August) Wilhelm Heidepriem eine ausführliche biographische Beschreibung. Daraus sei hier noch angefügt, daß Wilhelm Heidepriem 1901 an der philosoph. Fakultät der Königl. Bayerischen Ludwig Maximilians-Universität zu München promovierte mit der Arbeit: "Über die acetodiphosphorische Säure". 1903 zurück in Rathenow ändern sich seine Berufspläne und er engagiert sich vermehrt in kaufmännischen Tätigkeiten und auch dem Betrieb der Ziegelei seines Vaters Karl Heidepriem, welcher aus gesundheitlichen Gründen die Interessen der Ziegelei nur noch bedingt wahrnehmen kann. Diesen Aspekten sind die weiteren Erläuterungen nachfolgend geschuldet.
Quellen:
a) Domstift Brandenburg: Nachlass Guthjahr
b) Archiv des Landkreise Havelland in Friesack
c) Kirchenbücher Rathenow
d) Archiv der Stadt Rathenow
e) Rathenower Heimatkalender (2014, Seite 44-54) Martin Manns, Dr. phil. Karl August Wilhelm Heidepriem (1876 - 1945) — Biographisches über einen (fast) vergessenen Rathenower Bürger und seine Vorfahren.
f) Tonindustrie-Zeitung (Ziegelwelt), verschiedene Jahrgänge, zitiert als: TIZ
Auszüge aus der Tonindustrie-Zeitung, als Darlegung verschiedener Aktivitäten von Wilhelm Heidepriem, Person und den Ziegeleibetrieb anbetreffend.
Die geschäftliche Lage der Ziegeleien um Rathenow.
Allgemein kann man feststellen, daß die Rathenower Ziegeleien (Gebiet, einschl. Kreis Jerichow II) im 19. Jahrhdrt. eine kontinuierliche Entwicklung genommen haben, in ihrer Anlage und auch Anpassung an die technischen Gegebenheiten, z.B. Veränderungen in der Brenntechnik (Ringöfen), doch hauptsächlich arbeiten sie als Handstrichziegeleien. Zählte man im Jahre 1850 rund 60 Ziegeleien, so waren es im Höhepunkt der 80er Jahre sicher doppelt so viel, wobei alle ein erträgliches Auskommen bei verhältnismäßig stabilen und guten Erzeugerpreisen hatten. Im Hauptabsatzgebiet Berlin dominierte, insbesondere nach der Reichsgründung, aber vermehrt die kleinteiligen Verblendziegelfassade aus 1/4, 2/4 und 4/4 maschinengefertigten Hochllochziegel aus den Ziegeleien der Lausitz und Schlesien. Hier zeigte sich ein Trend, der zur Perfektion getrieben wurde, es regte sich unter den Architekten im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrh. bald Widerstand gegen diese Art der Fassadengestaltung. Die Quantitäten, die in der aufstreben Haupt- und Industriestadt Berlin an Verblendziegeln verlangt wurden, waren enorm. Im gegenwärtigen Stadtbild sind noch hinreichend Zeugnisse dieser Verblendsziegel-Architektur aus maschinengefertigten Hohllochziegeln zu besichtigen. Wie schon angedeutet, man wollte zurück zum traditionellen "märkischen" Handstrichziegel, insbesondere den "Rathenowern". Die nächsten 20 Jahren füllen viele Seiten der Keramischen- und Bauzeitschriften in dieser "Trendfrage", dieses Thema wäre einer seperaten Abhandlung wert, hier soll nur angedeutet werden, welchen Herausforderungen sich die traditionellen Handstrichziegelein um Rathenow ausgesetzt sahen.Mit Beginn des 20. Jahrhunderts verschlechtert sich in den nächsten zehn Jahren die geschäftliche Lage der Ziegeleien im Rathenower Raum. Der Bereich der mitproduzierten Dachziegel z.B., welcher auf fast allen Rathenower Gebiets-Ziegeleien jahrzehntelang erfolgreich war, mußte Platz machen den spezialisierten Falzdachziegel-Herstellern, die auch durch das inzwischen rasant gewachsene Eisenbahnnetz aus entfernten Regionen auf den Berliner Markt drängten. Nur wenige Ziegeleien um Rathenow haben diese technische Herausforderung der Dachziegelproduktion geschafft, als Beispiel sei hier die Ziegelei von C. G. Matthes in Rathenow genannt (siehe Dachziegelarchiv , Matthes), ähnlich auch die Aktien-Ziegelei in Premnitz und D. Witte in Bützer. Zum erheblichen Teil ist die Krise der Rathen. Ziegeleien auch auf die kostenintensive Herbeischaffung des Tonmaterials zurückzuführen, allgemein geht den Ziegeleien der Rohstoff aus, noch vorhandener muß gesichert und verteilt werden. In der Sparte der "Roten Voll-Verblendziegel", speziell auf dem Berliner Markt, sind schon seit Jahrzehnten Konkurrenten aus dem Ziegelgebiet Schlesiens und der Lausitz aktiv und dominieren zum Teil die Marktverhältnisse mit ihren Produkten. Dort sind die Tonvorkommen schier unerschöpflich, das Brennmaterial Kohle fällt geologisch oft zusammen mit dem Tonvorkommen. Ein Faktor für die Dominanz dieser, zum überwiegenden Teil mit Maschinen gefertigten Ziegel, ist die Entwicklung im Berliner Kirchen- und Industriebau. In der Kirchenbau-Sache unten mehr ..., in dieser Problemstellung: Vollverblend-Ziegel im neu erdachten Klosterformat, wurde Wilhelm Heidepriem als Vertreter der Ziegeleien in einem Fachausschuß gehört.
Der eigentliche "Märkische Ziegel", der rote Rathenower Handstrichziegel, kann nur noch bedingt den Geschmack der Architekten erreichen und die verlangten Quantitäten der Bauplaner befriedigen, das gilt besonders für die neueren Industriebauten die im großen Stil die Wohnquatiere der Hauptstadt umgürten. Wie schon angedeutet, es gibt zwar seit den 90er Jahren des 19. Jahrh. eine Bewegung hin zu den Handstrichziegeln Rathenower Art, bedingt durch den aufkommenden "Naturalismus" als Kulturbewegung, dazu gehört auch der Heimatschutzgedanke, der Naturschutz und damit verbunden der Gebrauch "heimischer" Baustoffe usw.
Als Beispiel sei hier die "Landhausbewegung" genannt, vermögende Großstädter zogen mit ihren Bauvorhaben in den Grunewald, vor den Toren der Stadt fanden sie einen Bauplatz in Kiefernwald-Altbeständen vor. Hier war es verpönt mit tradierter Stuckatur und glatten Verblend-Hochlochziegeln (als "geleckt" und zu kleinteilig bezeichnet) zu bauen, man ließ nur noch heimische Materialien zu, Rathenower Handstrichziegel, Rüdersdorfer Kalkstein und die Wandflächen überwiegend in gewöhnlichem hellgelben Kalk-Mörtelputz waren die Komponenten. Betont wurden eventuell die Giebelfelder durch Holzfachwerk, die Dachdeckung war oft schlicht in roten Biberschwänzen ausgeführt. Diese Zusammenhänge sind oftmals Gegenstand von Besprechungen in Bauzeitschriften und wenn, dann werden Rathenower Hanstrichziegel immer ausdrücklich benannt, teilweise unter Nennung der Hersteller, hier war eine Marktnische entstanden. Es gab auch allerdings Nachfragen größerer Kontingente an Rathenower Handstrichziegeln im Normalformat außerhalb Berlins, in nicht unbedeutenden Quantitäten, speziell für größere Regierungsbauten.
Eine Auflistung solcher Bauten, worunter auch als Beispiel an exponierter Stelle das Aquariumgebäude auf Helgoland zählt, soll in einer extra Aufstellung nachgeholt werden.
Berliner Jahrbuch für Handel und Industrie.
Bericht der Ältesten der Kaufmannschaft von Berlin Jahrgang 1904 Band II Seite 112. Handel mit Baumaterialien ... Vollständigen Text des Abschnittes lesen ... LINK oder online LINK
Eine weiteres Engagement von Wilhelm Heidepriem zur Konkurrenzfähigkeit der Rathenower Ziegeleien, immer auch die eigenen geschäftlichen Interessen wahrend, betrifft die Verkaufs-Genossenschaft der Rathenower Ziegeleien EGmbH, Rathenow.
Zu der Genossenschaft gehören 31 Betriebe mit einer Gesamtjahresherstellung von etwa 40 Millonen Ziegeln. Zweck der Genossenschaft sind die Förderung des Gewerbes der Mitglieder und der Vertrieb ihrer Erzeugnisse von einer Verkaufsstelle aus, zur Erzielung angemessener und einheitlicher Preise.
Hier ein Dokument aus dem Dachziegelarchiv: LINK zum Originaltext
Abschrift der tabellarischen Aufstellung der Mitglieder, die Ziegeleien im Gebiet Genthin, Derben und Parey überwiegen, möglich, daß es mit den günstigeren Verhältnissen der Tonvorkommen zusammenhängt.
Zu der Genossenschaft gehören folgende Betriebe:
W. Heidepriem '' Carl Thiry Hugo Thost F. Ziem Albert Schultze Major von Katte W. Güldenpfennig W. Heidecke R. Helmecke Paul Sänger Hauptm. v. Brauchitsch A. Rammelberg Gustav Fink v. Plotho & Co. W. Köppen Fr. Schwarzlose Herm. Pahl A. Sumpf Paul Netzband Oscar Netzband Friedrich Netzband Oberamtmann Loeber G. Stutzer Otto Bielert Max Sänger Kersten & Maeße H. Blankenburg Hermann Telitz Carl Quadt A. Siemon Paul Wolf |
Rathenow '' do. Bützer Mögelin Albertsheim b. Rathen. Vieritz u. Marquede b. Rathen. Genthin do. do. Brettin bei Genthin Brettin bei Genthin Hagen bei Genthin Parey a. E. do. do. do. do. do. Derben a. E. do. do. do. do. do. Bergzow do. Ferchland a. E. Havelberg do. do. do. |
Maschinen- und Handstrichziegelei Handstrichziegelei do. do. do. do. do. Handstrichziegelei do. do. do. do. Maschinenziegelei do. Handstrichziegelei do. do. do. do. do. do. do. do. do. do. do. do. do. do. do. do. |
In einer weiteren Information des Dachziegelarchivs (Tonindustriezeitung 1913, S. 1183)
sind auch die technischen Produktionsverhältnisse der Heidepriemschen Ziegelei recht anschaulich geschildert. Anlaß ist eine Studienreise von Studenten der technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg unter Leitung von Regierungsrat Dr. Hermann Hecht, von 1893 bis zu seinem Tode war H. Hecht auch als Nachfolger Segers der Leiter von dessen Firma, dem Chemischen Laboratorium für Tonindustrie, und verantwortlicher Schriftleiter der dort herausgegebenen Fachzeitschriften "Keramische Rundschau", seit 1909 und "Tonindustrie-Zeitung" seit 1926. Hermann Hecht: WIKIPEDIA
Der vollständige Artikel im Dachziegelarchiv:
W. Heidepriem, Verblendsteinfabrik — Studienreise LINK
Vollverblendziegel im Klosterformat.
Abschließend eine Betrachtung die zeigt, in welcher vielseitigen Ausrichtung eine traditionsreiche Rathenower Handstrichziegelei den Bedürfnissen der Architekten und Bauherren entsprechen soll. Es handelt sich um eine Neubewertung des Ziegelformates, welches bisher als sogen. Reichsformat (25 x 12 x 6,5 cm) mit einem neuen sogen. Normal Klosterformat (28,5 x 13,5 x 8,5 cm) nicht abgelöst, doch für repräsentative Großbauten, insbesondere Kirchenbauten, ein bevorzugtes Ziegelformat werden soll. Wie zuvor oben schon erwähnt, sah sich die Rathenower Ziegelindustrie dem Konkurrenzdruck der schlesischen und lausitzer Verblendziegel-Hersteller ausgesetzt, das galt auch in diesem Fall der überformatigen Vollverblendziegel, die von letzteren Herstellern überwiegend maschinell erzeugt wurden und somit eine andere Textur und auch Oberfläche besaßen, als die Rathenower Handstrichziegel. Hier setzte die Diskussion an und Herr Wilhelm Heidepriem sowie auch Herr Hermann Matthes, beide die führenden Ziegeleibetriebe in Rathenow, waren in dieser Sache gefragt und auch engagiert, das Beste für die heimischen Ziegeleien geltend zu machen.Anmerkung: Die Bevorzugung und Anwendung des sog. Klosterformats, besonders im Kirchenbau, lag dieser Diskussion bereits zwei Jahrzehnte voraus und die Baufachzeitschriften dieses Zeitabschnittes geben beredte Auskunft über diesen Trend, der oft mit "mittelalterlich" und "monumental" gerazu ein kultureller Kampfbegriff zu werden schien ...
DEUTSCHE BAUZEITUNG XLVIII. JAHRGANG. NR. 79. BERLIN, 3.OKTOBER 1914 — BEILAGE FÜR VEREINE — PDF Download LINK
In der Versammlung am 18. Mai d. Js. erstattete Hr. Geh. Ob. Baurat Hoßfeld Bericht über die Tätigkeit des "Backstein-Ausschusses". Dieser Ausschuß ist infolge eines am 12. Januar d. Js. von Hrn. H. Hartung gehaltenen Vortrages über "Die Zukunft des deutschen Backsteinbaues" eingesetzt worden mit der Aufgabe, sich mit der Frage der Abänderung der z. Zt. üblichen Ziegelgrößen zu beschäftigen und dem Verein Bericht zu erstatten. Dem Ausschuß gehörten die Hrn. Blunck, H. Dernburg, H. Hartung, Hasak, Hoßfeld als Vorsitzender, Nitze, Redlich, Stiehl, Uber an. Der Antrag Hartung, der zunächst zur Beratung stand, ging dahin, für alles Bauen in Ziegelsteinen, auch für Hintermauerung, Putzbau usw. nur ein einziges Normalformat, und zwar in der Größe des jetzigen preuß. Normal-Klosterformates: 28,5 x 13,5 x 8,5 cm einzuführen. Dagegen wurden praktische und künstlerische Bedenken erhoben. Die Ansichten erwiese sich aber innerhalb des Ausschusses als so durchaus gegensätzlich, daß eine Verständigung im Ausschuß nicht zu erreichen war. Es wurden daher noch namhafte Vertreter der Ziegel-Indutrie zugezogen (Alb. March, Dr. Möller vom Verein für Ton-, Zement- und Kalk-Industrie, Urbach und Hielscher als Schriftleiter der "Tonindustrie-Zeitung", Dr. W. Heidepriem (Rathenow) und Liebelt (Wittenberg) als Fabrikanten. Der Beratung wurde ein Fragebogen zugrunde gelegt, der sich in einen allgemeinen Teil und in eine Reihe von Einzelfragen gliederte.
Das Ergebnis der Besprechung ist dahin zusammenzufassen, daß auf beiden Seiten, auf der der Architekten wie auf der der Ziegler, Bereitwilligkeit, den Backsteinbau zu fördern, besteht. Die Schwierigkeiten liegen in den heutigen Verhältnissen, wie sie sich nun einmal nach der künstlerischen, technischen, sozialen und vor allen Dingen nach der wirtschaftlichen Seite entwickelt haben. Die Einführung eines einzigen großen Formates würde den Kampf gegen den Wettbewerb des Betonbaues, der Kalksandsteinfabrikation usw. derart erschweren, daß sie für ausgeschlossen erklärt werden muß. Zweckmäßig bleibt es bei den jetzt bestehenden Normalformaten.
Die Anfertigung gewisser Mengen von Handstrich großen Formate für Baudenkmäler und Gebäude nach Art der mittelalterlichen Backsteinbauten Norddeutschlands ist jedoch möglich, und es ist zu wünschen, daß die Ziegelindustrie zu ihrer Beschaffung bereitwilliger als bisher die Hand reicht. Insbesondere müßten die Ziegeleien für die nur geringen Mengen dieses Handstriches, welche gebraucht werden den Ton auch in einer entsprechenden Weise aufbereiten, um den Handstrich in der geforderten Art und Güte liefern zu können. Mehrkosten erwachsen aus der Herstellung der Handstrichsteine großen Formates selbstverständlich; das Ziel muß sein, sie in Grenzen zu halten welche die Anwendung überhaupt ermöglichen. Zur Erreichung dieses Zieles ist es nötig, daß den Ziegeleien die erforderlichen genügend langen Fristen zur Anfertigung gegeben werden. Die Schwierigkeit der Ermöglichung solcher Fristen ist bei der heute üblichen Schnelligkeit der Durchführung der Bauvorhaben freilich nicht zu verkennen, weshalb vornehmlich auch in dieser Hinsicht Wandel geschafft werden müßte. In einer der letzten ohne Beteiligung der Ziegler abgehaltenen Sitzung gelangte man zu der Ueberzeugung, daß ein voller Ausgleich der im Ausschuß sich entgegenstehenden Anschauungen nicht erzielt sei. Ein bestimmter Vorschlag zur Stellungnahme nach außen hin könne dem Verein somit nicht gemacht werden.
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Kommentar: Die Stellungnahmen von Hermann Matthes (Ziegelei C. G. Matthes & Sohn) in dieser Sache ist ausführlich im Dachziegelarchiv dokumentiert. Hier läuft die Diskussion kontrapunktisch mit einem Vertreter der schlesischen Ziegelwerke (Herr Rother, Ziegelei Bienwald & Rother in Liegnitz) und es wird der Versuch unternommen, die Rathenower Handstrichziegel als nicht unbedingt gleichwertig zu beschreiben was die Druckbelastbarkeit und Witterungsbeständigkeit anbelangt. Man kann aus dem Text gut ersehen, daß die Rathenower Ziegelhersteller unter Druck geraten ... doch noch immer engagiert und anpassungsfähig reagieren, um ihre Betriebe zu erhalten.
Siehe Dachziegelarchiv: "Rathenow Matthes" (C. G. Matthes, Fabrik für Dach- und Mauersteine) LINK
Über die Ziegeleibesitzerfamilie Matthes in Rathenow, finden Sie ebenfalls eine biographische Schilderung in einer früheren Arbeit: Die Grabstellen der Ziegeleibesitzer auf dem Friedhof am Weinberg in Rathenow — hier als PDF-Datei
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Eine letzte Ausführung in dieser Angelegenheit, "Die Zukunft des deutschen Backsteinbaues" (Zitat wie im vorletzten Absatz oben von H. Hartung), will auf einen kulturhistorischen Rückgriff in dieser symbolischen und auch politischen Architekturfrage des Historismus, insbesondere im Zentrum des Kaiserreiches der Hauptstadt Berlin, einen weiteren Blick eröffnen. Hierzu die folgende Dokumentation:
Andreas Tacke
Klosterziegel contra Reichsziegel
Überlegungen zur Ikonographie und Ikonologie der Berliner Architektur und bildenden Kunst des späten Historismus, 1993, Seite 141-159. LINK als PDF.
Kommentar: Hier spielt, in den recht weitläufigen und komplexen Erörterungen und Darlegungen des Autors, die kathol. St. Petrus Kirche in Berlin-Wedding eine gewisse Rolle. Die mittelalterliche Klosterkirche in Chorin war hier ein gestalterisches Vorbild. Die Ziegel dieser sog. Straßen-Kirche (die Kirche liegt in der Flucht der Wohnhäuser und ist dreiseitig umbaut), sind aus der Ziegelei C. G. Matthes & Sohn in Rathenow im Klosterformat als Handstrichziegel erstellt, in einem sehr lebhaften und schönen Ziegelrot. Abbildung der Kirche bei WIKIPEDIA LINK
Die weitere Entwicklung ...
1914 ... begann ein verheerender Krieg und um die Praxis und Theorie über "Die Zukunft des deutschen Backsteinbaues" wurde es recht still ... In der Tonindustriezeitung von April/Mai 1914, den Jahresbericht der Handwerkskammer zu Brandenburg a.H. für 1913 betreffend, wird fast vorausahnend berichtet: "Die kleinen Rathenower Handstrichziegeleien gehen eine nach der anderen ein, im Berichtsjahr sind wieder drei Ziegeleien auf Abbruch verkauft". Und das war nur der Anfang ...1915 ... zum Ziegelei-Saisonbeginn inseriert Wilhelm Heidepriem in der Tonindustriezeitung (Anzeigen) letzmalig unter folgender Rubrik:
"Tüchtiger Former, der auch Formen gießen kann sofort gesucht". W. Heidepriem Rathenow.
1915 ... Etwa zeitgleich im Frühjahr-Sommer berichtet die Redaktion der Tonindustriezeitung:
"Gemüsebau auf Tonlager- und Ziegeleiländereien, besonders Rettich und Kohl ..."
"Ausnutzung der Ziegeleilöcher ... Gemüsepflanzung, ... Anzucht von Gurken in Eierschalenhälften ..."
"Vor Ypern ... guter steinfreier Lehm in den Schützengräben ..."
"Kriegsarbeit für Ziegeleien, Heidekraut ... Futter für Pferde, Kühe und Schweine, gemäht, getrocknet, zerschlagen und feingemahlen ..."
1918 ... Die Nutzbarmachung von Unkraut auf den Ziegelei für landwirtschaftliche Zwecke ...
1921 ... Untergang der weltbekannten Rathenower Ziegelindustrie... vollständiger Artikel im Dachziegelarchiv: LINK
1924 ... Mitteilung: Von der ersten Deutschen Haus- und Schiffbau-Ausstellung vom 3. bis 17. August in den Räumen der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg. Aus dem Raum Provinz Brandenburg sind ca. 20 Aussteller, u.a. Hintermauerungsziegel aus Herzfelde und Zehdenick. An Rathenower Ziegeln sind vertreten: Oskar Netzband in Derben, Ernst Burchardt in Genthin, Arthur Lucke in Güsen, Paul Netzband in Derben und Paul Löber in Derben, sowie Wiese & Co. in Havelberg. Ferner waren vertreten: Alaunwerk Freienwalde, W. Schüßler Dampfziegelei in Heegermühle, J. Zimmermann GmbH. Dampfziegelei in Zehdenick und Luckenwalde, Ziegelei Ilse-Bergbau AG. (mit Photo), Tonwerke Buchwäldchen bei Kalau. (TIZ 1924, S. 302)
1926 ... Mitteilung: Unglaublich! Der Rathenower Bürgermeister verbietet mit roten Verblendsteinen zu bauen. Siehe auch: Dr. Ing Philipp Nitze in der Deutschen Allgemeinen Zeitung Berlin. (TIZ 1926, S. 157)
1927 ... Mitteilung: Die Kollektivausstellung der Märkischen Ziegelindustrie auf der 3. Ziegelbauausstellung in Berlin (4 Fotos, z.B. Abb. 2 "Schreibendes Mädchen" von der Grube Ilse. Von den Rathenower Ziegeleien waren vertreten: Ernst Burckhard Genthin, Wilh. Güldenpfennig Genthin, Gebrüder Stutzer Derben, Ziegelei Löber Derben, Arthur Lucke Güsen, Kreisziegelei Parey, Paul Netzband Derben, Max Sänger Bergzow. Ferner: Friedr. Wasmuth AG. Berlin NW 7 mit Klinkern aus Krahnepuhl, Oskar Netzband Derben, Schaefer & Kulcke Kl. Drehne bei Sommerfeld, Balack u. Wirsich Sommerfeld, Sommerfelder Schloßziegelei Gustav Kühn, Julius Höver Cummersdorf bei Kamenz, M. Mannheimer Berlin W. 62, Niederlausitzer Kohlenwerke Berlin W.9 und Alaunwerk Freienwalde von Kuhnheim AG. (TIZ 1927, S. 102)
1927 ... Mitteilung: (Bei der Jahressitzung 1928 der Bau-Berufsgenossenschaft Sekt. IV. ist kein Mitglied bzw. Ersatzmann aus der Rathenower Region mehr vertreten.) (TIZ 1928, S. 38)
1929 ... Bericht: Eine neue Errungenschaft der Optik im Dienste der Ziegelindustrie. Microskopische Untersuchungen mit Hilfe der Polarisation. Nach Prof. Dr. F. Hauser von der E. Busch AG. in Rathenow. (TIZ 1929, S. 24)
1932 ... 20. April. 75 Jahre F. Witte & Co., Bützer - Rathenow ... So ist die Ziegelei "Witte-Bützer", wie sie im Volksmunde genannt wird, das einzige Wahrzeichen unserer einstigen gewaltigen Rathenower Ziegelindustrie. Wünschen wir ihr zu ihrem Ehrentage, auch im Interesse unserer heimischen Wirtschaft und ihrer Arbeiterschaft, Arbeit und ferneres Bstehen und damit Lohn und Brot für alle im Werk Beschäftigten. (TIZ 1932, S. 82) LINK
Ziegelei F. Witte & Co. in Bützer, um 1920