Die Vorbereitungen durch Ernst Karl Albert Witte 1884.
Die Aktienziegelei in Premnitz.Der Premnitzer Amtsvorsteher und Mühlenbesitzer Ernst Karl Albrecht Witte (1849-1926), Sohn des Holzhändlers Friedrich Wilhelm Witte (1820-1880), kaufte im Jahre 1884 ein Grundstück von rund 300 Morgen (75 ha) aus der vorher parzellierten Erbmasse des Bauerngutes der Familie Gnebicke. Hinzu kam eine von Wilhelm Müller und von Krone erworbene Parzelle am Premnitzer Berg.
Frau Marie Sophie Elisabeth Gnebicke geb. Herrmann verw. Paul (1824-1882) hatte 1873 in zweiter Ehe den wesentlich jüngeren Joachim Friedrich Wilhelm Gnebicke geheiratet, aber offensichtlich nicht alle Berechtigten im Testament bedacht. Nach (2) kam es zu Erbschaftsstreitigkeiten, die Witte mit seinem Grundstückskauf nutzte, um den Aufbau einer Ziegelei vorzubereiten. Das erworbene Grundstück reichte vom heutigen Zentrum bis zum späteren See und stand nach weiteren Zukäufen mit einer Größe von rund 100 ha im Grundbuch.
„Bohrversuche an verschiedenen Stellen ergaben, daß der Ton, der hierbei gefunden wurde, sich vornehmlich zu Klinkersteinen verarbeiten ließ“.Um an den Ton aus der Lagerstätte am Premnitzer Berg (heute See) heranzukommen, „musste der darauf stehende Kiefernwald abgeholzt werden. Der Abraum, es war zum größten Teil sandiges Heideland, wurde mittels Feldbahnloren zum Auffüllen einer Bodensenke abtransportiert“(2). Das aufgefüllte Grundstück von 2 Morgen hat Ernst Witte im Sommer 1886 der evangelischen Kirche zum Anlegen eines neuen Friedhofs geschenkt. Es ist heute der Friedpark in der Bergstraße, an dessen Südrand man noch jetzt die Böschung der damaligen Aufschüttung erkennen kann.
Der Gemeindekirchenrat organisierte nun die Planierung des Geländes, die Einzäunung und den Bau der Kirchenhalle. An eine Verdichtung dachte niemand, so dass im Mai 1888 über erhebliche Missstände Laut Amtsblatt (10) hatte Ernst Witte im 1. Halbjahr 1887 „den Bezirk verlassen“, also auch das Ziegeleiprojekt aufgegeben.

Bei: 1 Ziegelei, 2 Lehmgrube, 3 Schlämmbecken. Ob dabei auch die in der Havelaue durchgeführten Brennversuche mit der Ziegelerde aus der neuen Tongrube eine Rolle gespielt haben, wissen wir nicht. Sie scheiterten, weil diese Ziegelerde zuviel Kalk in Form von wasserlöslichem Mergel enthielt. So verkaufte Witte das Grundstück an den Dresdner Unternehmer Johann Gottlieb Lebrecht Bormann.
Mit der Unterstützung eines Schlämmex-perten aus Velten gelang es diesem, den Kalkgehalt der Ziegelerde zu reduzieren und die Qualität der Ziegel zu erhöhen. Der verbliebene Restkalkgehalt führte in Verbindung mit dem geringen Eisenanteil zu gelben Klinkern, die sich deutlich von den „Roten Rathenowern“ unterschieden. Entsprechende Ställe und Scheunen findet man heute in der Bahnhofstraße und in der Alten Hauptstraße in Premnitz. Ältere Mitbürger haben noch die 1896 mit gelben Klinkern gepflasterte Straße von Döberitz nach Pritzerbe in Erinnerung, die erst 1965 im Zusammenhang mit der Döberitzer Umgehungsstraße überbaut wurde.

Ziegeltransport mit einem Kaffenkahn. (5)
Quellen:
- (1) Domstiftsarchiv Brandenburg. Protokolle des Gemeindekirchenrates Premnitz 1886-1908
- (2) Seifert, Gerhard: Die ersten Anfänge der industriellen Entwicklung in Premnitz. Rathenower Heimatkalender 1969, Seiten 96-100
- (3) Brandenburgisches Landeshauptarchiv. Signatur: Rep 2 A I V/1727
- (4) Messtischblatt Nr. 3440 Bamme, Ausgabe 1882 mit Nachträgen bis 1903. Universität Greifswald.
- (5) Kulturzentrum Rathenow. Nachlass des Fotografen Hermann Ventzke.
- (6) Messtischblatt Nr. 3440 Bamme. Aufnahme 1883, Ergänzungen bis 1911. Deutsche Fotothek
- (7) Schäfer, Karl: Wie Premnitz war und ist. Artikelserie in der Betriebszeitung “Aufwärts“. Premnitz 1962
- (8) Hillbrandt, Ingrid: Entwicklung der westhavelländischen Ziegeleien vom Spätmittelalter bis zum Anfang unseres Jahrhunderts. Arbeitsfördergesellschaft Premnitz mbH. Premnitz 1998
- (9) LHA Potsdam. Grundbuch Premnitz, Band 12, Blatt 478
- (10) Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam von 1887 bis 1900 und Öffentlicher Anzeiger zum Amtsblatt (Staatsbibliothek Berlin und ZLB Berlin)
- (11) Hefenbrock, Richard: Premnitzer Chronik. Premnitz 1955
- (12) Tonindustrie-Zeitung 1899, 1900 und 1913
- (13) Deutsche Töpfer- und Ziegler-Zeitung 1913
- (14) Seifert, Gerhard: Klinkersteine und Falzziegel kamen seit 1888 aus Premnitz. Artikel in der Betriebszeitung „Aufwärts“. Premnitz 1982
- (15) Rathenower Zeitung vom 10.01.1913 und 14.03.1913
- (16) Kreisblatt für das Westhavelland vom 15.05.1913 und 09.12.1913
- (17) Kämpf, Adolf: Lebenserinnerungen. HStA Stuttgart. Sign. Q3/59Bü32
- (18) Programm für das Studienjahr 1890/91 der Kgl. Technischen Hochschule Berlin
- (19) Meyers Konversationslexikon, Band 11, 1988, Seite 351
- (20) Domarchiv: Domkirche Berlin. Bestand 1, Signaturen 7658-7660, 7708-7709 und 7719-7720
- (21) Rathenower Adressbücher
- (22) Amtsblatt Rathenow von 1900