Ueber den Backstein. Eine kulturhistorische Studie.

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1. Verhältniss des Backsteins zum natürlichen Stein im Allgemeinen.
Wenn zunächst die Frage beantwortet werden soll, welches das älteste und ursprünglichste Baumaterial gewesen sei, so kann man als solches mit Recht wohl den Ziegel bezeichnen, welchem in Bezug auf das Alter im Gebrauch der Menschen, nur etwa das Holz den Rang ablaufen möchte. Jedenfalls ist die Anwendung des Ziegels zum Bauen älter als die Benutzung des aus dem Schooße der Felsen gebrochenen Steines. Denn wo fände sich ein bequemeres Baumaterial und welches hat die Natur dem Menschen so greifbar gleichsam vor die Füsse gelegt, als das des Ziegels. Das Bedürfniss fester Wohnsitze für eine grössere Zahl von Menschen, d.h. das Bedürfniss zur Anlage von Städten entstand nicht zuerst in Gebirgsländern, auf den mit Wald bedeckten Berggeländen, wo schweres Steingerölle über den Boden gesäet und aus dem unebenen Erdgrunde hervorragend einer Ackerbestellung schwer überwindliche Hindernisse entgegen gestellt. Hier tummelte sich noch lange der rastlose Jäger und bereitete sich in leichter Holzhütte eine vergängliche Wohnstätte, als in den fruchtbaren Marschländern, wo in den von gewaltigen Strömen durchzogenen unabsehbaren Tiefebenen schon längst die stierbespannte Pflugschaar den fetten tiefgründigen Humusboden durchfurchte, damit die eingestreute Saat in tausendfältiger Ernte Millionen Menschen ernähre, die auf engem Raume zusammen wohnend, sich zu fester Stammes und Staatsgemeinschaft aneinanderschlossen.

Die erdigen Massen, welche der periodisch aus seinen Ufern tretende Strom in aufgelöstem Zustande mit sich führte und dann in seine Ufer zurücktretend, auf den weiten überschwemmten Landflächen zurückliess, der Schlamm, welcher dem Acker immer erneute Fruchtbarkeit verlieh, gaben auch das Material her, aus welchem die Bewohner sich feste behagliche und feuersichere Hausstätten errichten konnten. Denn je enger die Menschen ihre Wohnungen zu volkreichen Städten zusammendrängten, desto sorgfältiger musste der wohlthätige Spender und Gründer der menschlichen Cultur, das Feuer, behütet werden, desto gefährlicher wüthete die Flamme, wenn sie ihrer Fesseln sich entraffte. Darum musste man frühzeitig die Anwendung des Holzes in engere Schranken zurückdrängen. Welches Ersatzmittel aber bot sich leichter dar, als der Lehm des Feldes, der dem Menschen sich an den Füssen festklammerte und beim Trocknen erhärtete. Was war einfacher als aus dem feuchten Lehm cubische Stücke zu formen, welche in den glühenden Sonnenstrahlen nach kurzer Frist genügende Festigkeit erhielten, um als Bausteine verwendet zu werden. Was war bequemer, als die regelmässig geformten Ziegel regelrecht aufeinander zu schichten zu senkrechten glatten Mauern, auf denen übergelegte Holzbalken, Decke und Dach bildeten. Solche Mauern wehrten im Sommer der brennenden Sonnengluth den Eintritt, und schufen behaglich kühle Räume, sie hielten ebenso in der kalten Jahreszeit die künstlich erzeugte Wärme zusammen. Aber gegen die maaßlos herabströmenden Fluthen der Regenzeiten bedurften sie eines Schutzes, um nicht in den ursprünglich formlosen Zustand zurückzukehren. Diesen Schutz gewährten Bekleidungen mit festerem Material, ihn gewährte aber auch das Brennen der Ziegel.

Dass Lehm, sobald er durch Feuer geglüht wird eine bedeutende Festigkeit erlangt, zu Stein wird und alsdann nicht mehr der Auflösung durch Wasser anheimfällt, ist eine Beobachtung, die man für nahezu eben so alt erachten kann, als die Benutzung des Feuers selbst. Und bedurfte es auch besonderer Manipulationen besonderer Geschicklichkeit und Uebung, um grössere Ziegelmassen zu brennen, wie viel geringere Kraft, wie viel weniger Mühe, wie viel einfachere Instrumente gehörten dazu um Ziegel herzustellen, als um eine gleiche Quantität Steine aus dem Schooße der Felsen zu brechen, zuzurichten und auf weiten Wegen herbeizuführen. Mauern von Stein errichtete man gewiss erst viel später, als die Instrumente zur Bearbeitung des harten Felsens genügend vervollkommnet waren, als die Cultur an den Ufern der Flüsse aufwärts steigend, auch die bewaldeten Thäler der Bergketten erreichte und den Boden sich auch dort dienstbar gemacht hatte. Der Ziegel ist somit sicherlich das Urmauermaterial gewesen, welchem die Anwendung des Bruchsteines oder gar des Hausteines erst sehr viel später folgte.

Wohl alle Bauwerke auf Erden der Masse nach bestehen aus Ziegeln. Nicht blos die unabsehbaren Massen der Palastbauten von Babylon und Ninive, sowie der zahlreichen anderen Städte des reichen fruchtbaren Niederungslandes, welches der Euphrat und Tigris durchströmen, sind aus Ziegeln gebrannt und ungebrannt aufgehäuft, oft mit einer Bekleidung von Steinplatten versehen, nicht blos der Kern der meisten Riesengrabmäler in Pyramidengestalt an den Ufern des Nils besteht aus Ziegeln, welche aus dem Schlamm des Fruchtbarkeit spendenden Stromes bereitet wurden, überall wohin wir blicken auf der ganzen Erde herrscht der Ziegel vor, wenige Landstriche ausgenommen, denen regelmässig geschichtete Gebirge in geringer Entfernung einen unschwer zu bearbeitenden, in lagerhaften Blöcken brechenden Stein freigebig darbieten. Wohl wird solcher Stein hoch geschätzt, viel höher als der unscheinbare Ziegel, aber je weiter man sich von den Bergen entfernt welche den Baustein in ihrem Schoosse bergen, desto sparsamer wird dessen Verwendung.

Nur auf dem breiten Rücken der schiffbaren Ströme schwimmt er weiter hinab in die Ebene, um in das Bereich des Ziegels als ein stolzer Fremdling einzudringen. Hier sucht er den ersten Platz zu behaupten, er bekleidet die Aussenfläche der Mauern und verdrängt den Ziegel in das Innere der Gebäude, er breitet sich aus wo künstlerische Charakteristik in architektonischen Formen sprechen soll, er bildet die raumöffnende Säule, er spannt sich als Balken von Stütze zu Stütze, von der Säule zur Mauer und streckt sich zum überhangenden Gesimse und Dachrande vor, er nimmt überall die Repräsentation für sich in Anspruch, während der Ziegel bescheiden zurücktreten und sich mit der dienenden Stellung begnügen muss, die Masse, das feste innere Gefüge des Ganzen zu bilden. Nur in solchen Gegenden in welche dem stolzen Sohn der Berge die Reise zu beschwerlich wird, entfaltet sich der Backstein in freier Thätigkeit, da gewinnt er breites Feld und übernimmt die Herrschaft, auch für die Sprache der Kunst, in welcher er dann freilich nach eigener besonderer Weise redet.

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2. Der Backstein als Constructionsmaterial.
Es ist eine überall in die Augen fallende Thatsache, dass der Backstein ein entschiedenes Uebergewicht über den natürlichen Stein behauptet, so lange es sich um die blosse Herstellung von Mauermassen, oder um einfache Bauausführungen handelt, welche lediglich zur Erfüllung von Aufgaben des Bedürfnisses dienen. In letzterer Beziehung zeigt er sich besonders dem sogenannten Bruchsteinbau überlegen, welcher überall in Gebirgsgegenden üblich ist, wo sich feste Steine ohne grosse Schwierigkeit aus den Felsen brechen lassen. Hier werden die Mauermassen aus den Steinbrocken wie sie im Bruche gewonnen sind zusammengesetzt, ohne dass man dem einzelnen Steine eine weitere Bearbeitung zukommen lässt. Gestattet die Härte des Gesteines eine Bearbeitung aber nicht, oder nur mit sehr grossen Schwierigkeiten, so bemerken wir sehr häufig, dass die Ecken des Mauerwerks namentlich an Fenstern und Thüren, dass insbesondere die Ueberdeckungen der Maueröffnungen bogenförmig von Ziegeln hergestellt werden. Man scheut die Mühe der Bearbeitung, welche der natürliche Stein verlangt und setzt das bequemer zu handhabende Material des Ziegels an seine Stelle. Mit dem Ziegel wird nun aber ein anderes sehr wichtiges Constructionsmittel in die Bautechnik eingeführt, der Mörtel. ...

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3. Die Entwickelung des Backsteinbaues in geschichtlicher Beziehung.
Nachdem im Vorhergehenden die Bedeutung des Backsteines für das bauliche Constructionswesen im Allgemeinen erörtert worden, erscheint es erforderlich einen Blick auf die geschichtliche Entwickelung des Backsteinbaues in den einzelnen Ländern zu werfen, um dadurch neue Gesichtspunkte für die fernere Betrachtung zu gewinnen, welche auf die Eigenartigkeit des Backsteines, in Bezug auf seine Verwendung für die architektonischen Kunstformen gerichtet sein soll.

a. Der Backsteinbau im Orient und in Aegypten.
Die Sagen der Völker, die Traditionen der Bibel versetzen die Gründung der ältesten Staaten in die unteren Euphratgegenden, in die weiten fruchtbaren Alluvialebenen des unteren Chaldäa und Babyloniens. In diesen gegenwärtig wüsten und verlassenen Landstrichen, welche zum Theil in vorgeschichtlicher Zeit schon wieder der Verödung preisgegeben worden sind, stösst der Fuss des kühnen Wanderers, der es wagt in diese Einöden einzudringen, überall auf Spuren einer ehemaligen hohen Cultur. Canäle durchziehen weithin die Ebene, aber der Zufluss des befruchtenden Wassers ist schon seit undenklichen Zeiten gehemmt, regelmässige Umwallungen bezeichnen die Stätten ehemals volkreicher Städte, aber nur kahle einsame Hügel ragen noch aus ihnen hervor. Sie scheinen natürliche Erhebungen zu sein, aber bei näherer Untersuchung fördert der Spaten die Spuren einer ganzen untergegangenen Welt aus ihnen zu Tage. Weit ausgedehnte dicke Mauern, theils von ungebrannten, theils von gebrannten Ziegeln umhüllt der Schutt und füllt die von ihnen umschlossenen langen und schmalen Räume, aus deren Ueberdeckung unzweifelhaft, theilweise aus Ziegelgewölben bestanden hat. Zahllos sind diese Hügel über die unteren Euphratgegenden verstreut und ein jeder birgt die Reste eines der riesenhaften Terrassenbauwerke, wie sie im Thurm von Babylon, als dem Typus solcher Anlagen geschildert werden.

Der Ziegel ist das einzige Baumaterial, vorherrschend der ungebrannte Ziegel, den man wohl Jahre lang in der glühenden Sonne trocknen liess, ehe er seinen Platz in der Mauer fand. Zwischen den in Lehm gesetzten Ziegeln finden sich Matten von Schilfrohr in die Lagerfugen eingelegt, deren Enden hervorstehen und einem Mörtelüberzuge aus Asphalt oder Gyps festen Halt gewährten. Diese Schilfeinlagen haben sich durch die Jahrtausende wunderbar gut erhalten. Auch Mauern aus gebranntem Backstein finden sich häufig, theils sind es rothe Ziegel aus roh zubereiteter Thonmasse mit Lehm oder Erdpech verbunden, theils aber helle gelblich schimmernde, klinkerartig hart gebrannte Steine aus dem feinsten weissen Thon, so namentlich an den unteren Terrassen desjenigen Ruinenhügels, den man als den echten Thurm von Babel erkannt haben will. Diese Klinker sind durch Kalkmörtel ebenso fest verbunden wie das Mauerwerk der besten späteren Backsteinbauten. Aber man ging damals schon weiter, auch äusserlich liess man den Backstein vortreten und zur Wirkung kommen. Kleine Kegel aus gebranntem Thon von 2-3 cm Durchmesser und auf der Grundfläche verschiedenfarbig glasirt, sind in einen dicken Stucküberzug derartig eingedrückt, dass sie geometrische Muster in bunten Farben bilden. Diese Incrustationen scheinen keineswegs einer späteren Zeit anzugehören, sie zeigen sich an Mauern, welche durch anderweitige Merkmale als sehr alt charakterisirt werden.

Ehe noch die eigentliche Geschichte begann, wurden die Reiche der unteren Euphratgegenden, Chaldäa, Babylon, durch die kräftigeren Völker des Nordens unterworfen, es erhob sich das Reich der Assyrer weiter oberhalb an den Ufern des Tigris und breitete sich weit über die Nachbarländer aus. Damals wohl wurde theilweise schon die Cultur des alten Chaldäa vernichtet, denn bereits zu Alexander's des Großen Zeit wurden ihre Stätten wüst und in Trümmern gefunden. Die Cultur und Kunstthätigkeit erblühte nun von Neuem im Assyrischen Reiche, in Ninive; die Kunstformen gestalteten sich hier ähnlich, aber doch in mancher Beziehung verschieden. Auch hier wurden die Mauermassen der Gebäude aus Backstein errichtet, aber die größere Nähe des Gebirges gestattete schon die Anwendung des Hausteines. Wir finden die Wände in der Regel mit Steinplatten bekleidet, meistens aus weichem, leicht zu bearbeitendem Alabaster bestehend. Von diesen Steinplatten gedeckt, bedurfte der Ziegel keiner großen Festigkeit, da er weder der Witterung noch den abnutzenden Wirkungen des täglichen Gebrauches zu widerstehen hatte; es wurden daher zu den Mauermassen vorzugsweise ungebrannte Ziegel verwendet, während der gebrannte Backstein sich viel seltener zeigt. Aber eine andere Verwendung des gebrannten Thones zur Bekleidung und zum Schmuck von Außenflächen zieht in hohem Grade unsere Aufmerksamkeit auf sich.

War in Chaldäa eine Inkrustation von gebranntem Thone bemerkenswerth, ein Mosaik von Thonstiften oder Nägeln, welche in den Stucküberzug eingedrückt war, so finden sich im Schutte von Ninive zahllose Ziegel und Ziegelstücke, welche deutliche Spuren von Bemalung tragen. In der alten Literatur ist die Notiz erhalten, daß große, ausgedehnte Bilder in dem wei chen Thone der Ziegel geformt und gebrannt die Wände der Königspaläste bedeckten; die ausgegrabenen Reste bestätigen dies vollkommen. Die aufgefundenen Ziegel tragen an der nach Außen gerichteten Fläche Glasuren in verschiedenen Farben. In der Zeichnung der Conturen ist aber der Fugenschnitt durchaus nicht berücksichtigt, die Wandfläche ist wie eine ununterbrochene Bildtafel behandelt. An den Seitenflächen der Ziegel, welche in die Fugen fallen, bemerkt man vielfach ein Ueberfließen der Farbe, woraus geschlossen werden muß, daß der Farbenauftrag stattfand, während die Bildfläche sich in horizontaler Lage befand und die Fugen nicht mit Mörtel ausgefüllt waren. Es müssen also die Ziegel vor der Vermauerung aneinander gelegt und dann mit der Uebermalung versehen worden sein, um in der Mauer alsdann wieder in derselben Reihenfolge zusammengesetzt zu werden. Dieses Verfahren wird dadurch bestätigt, daß an jedem Ziegel sich ein Zahlenzeichen eingedrückt vorfindet, wodurch allein ein Zusammensetzen in derselben Ordnung ermöglicht wurde.

Ein anderer, höchst merkwürdiger Umstand tritt aber hinzu: die Ziegel sind nur theilweise gebrannt, nur die Außenseite trägt die Spuren des Feuers auf 2 — 3 cm Tiefe, der übrige Theil des Ziegels ist roh; die farbige Glasur, welche die gebrannte Außenfläche überzieht, scheint sehr leichtflüssig zu sein und mußte es sein, da sonst die Wirkung des Feuers sich auf die ganze Masse des Ziegels erstreckt haben würde. Man hat aus dieser eigenthümlichen Erscheinung schließen wollen, daß das Brennen des Glasurüberzuges erst stattgefunden habe, nachdem die Ziegel sich bereits an ihrer Stelle in der Wand befanden. Rawlinson namentlich vertritt diese Ansicht, welche indessen Jedem, der mit der Technik des Thonbrennens einigermaaßen vertraut ist, unglaublich erscheinen muß. Einerseits hätte dann das vorherige Zusammensetzen der Bildfläche und das Nummeriren der Ziegel keinen Sinn gehabt, — es wäre ja viel bequemer gewesen, das Bild auf die fertig aufgemauerte Wand zu malen, wie man es sonst überall gethan hat. An dererseits ist die Operation des Brennens an der großen Wandfläche undenkbar und kann um so weniger stattgefunden haben, als die Glasuren sehr leichtflüssige gewesen sein müssen. Je größer die Fläche ist, welche mit Glasur überzogen werden soll, desto schwieriger wird es, vollständige Gleichmäßigkeit des Brandes zu erzielen. Diese Anforderung tritt aber wiederum um so gebieterischer hervor, je leichtflüssiger die Glasur ist. Denn ein geringes Zuviel der Hitze bewirkt ein Abschmelzen und Verderben der Glasurfarben, ein geringes Zuwenig bringt die Glasur nicht in Fluß. Es kann daher nur angenommen werden, daß die Ziegel in besonderen Oefen eigenthümlicher Art gebrannt wurden, derartig, daß sie wahrscheinlich horizontal liegend nur an der einen, mit Glasurfarbe überzogenen Seite vom Feuer bestrichen wurden.

Das einzig sichere Kriterium zur Entscheidung der Frage, ob das Brennen des Ziegels und der Glasur vorher oder erst nach der Einfügung in die Wand stattgefunden hat, wird uns leider von den Entdeckern der Ruinen nicht mitgetheilt. Als Mörtel konnte nämlich, wenn das Brennen erst nachher stattfinden sollte, nur ein Material benutzt werden, welches ebenfalls dem Feuer widerstand, also nicht Asphalt, wie bei Mauern aus Luftziegeln sehr gewöhnlich, auch nicht Kalk, wie bei Mauern aus gebraunten Ziegeln in der Regel geschah, sondern es mußte Lehm dazu verwendet werden, welcher durch das Brennen ebenso erhärtete, wie der Ziegel selbst. Der Fugenmörtel muß, wenn das Feuer an die fertige Wand gelegt wurde, ebenfalls den gebrannten Zustand zeigen. Ob dies der Fall, darüber schweigen aber die Berichte. Indessen bleibt für uns das äußerst wichtige Resultat, daß in den ältesten Zeiten schon gebrannte Ziegel zum Bauen verwendet wurden und daß ebenfalls schon das Glasiren der Ziegel bekannt war, daß man es auch verstand, verschiedenfarbige Glasuren herzustellen und daß man diese zu musivischen Zeichnungen, selbst zu figürlichen Darstellungen nach dem Leben verwendete.

Für die Ausbildung des künstlerischen Elementes scheint im Backsteinbau demnach die Belebung der Fläche zum Bilde den Ausgangspunkt gegeben zu haben, während die plastische Behandlung des Thones erst später in die Baukunst eingeführt worden sein mag. Während wir aus den Ueberlieferungen wissen und die Ruinen es bestätigen, daß die Metallotechnik in sehr früher Zeit bereits eine hohe Ausbildung erreicht hatte, daß namentlich die Kunst, in Metallblechen zu treiben, in sehr ausgedehnter Weise geübt wurde, um Holzconstructionen damit zu überziehen, fehlt es in den Ruinen an plastischen Ueberresten architektonischer Gestaltungen aus gebranntem Thon. Da Holz in reichem Maaße verwendet wurde, und zwar in den edelsten und kostbarsten Sorten, so ist es wahrscheinlich, daß bei der Zerstörung der meisten Gebäude das Feuer eine bedeutsame Rolle gespielt bat, — aber gebrannter Thon konnte dadurch am wenigsten zerstört werden, während Metall geschmolzen wurde. Reste von Gegenständen aus gebranntem Thon müßten sich daher am ehesten in den Schutthügeln finden, wenn die plastische Behandlung des Thones für architektonische Zwecke in Gebrauch gewesen wäre. Dennoch beweisen die Reste von Gefäßen, beweisen die Särge aus gebranntem Thon mit reicher Anwendung der Glasuren, daß auch die keramische Plastik bereits bedeutende Fortschritte gemacht hatte.

Töpferei und Ziegelei sind gewiß seit den allerältesten Zeiten nebeneinander gegangen, und wohl möchte die Töpferei als die älteste dieser beiden Schwestern gelten, welche bald größeren, bald geringeren Einfluß auf die andere ausübte. Die Töpferei ist ihrer Natur nach durch und durch plastisch und war es sogar fast in noch höherem Maaße vor der Erfindung der Drehscheibe, als nachher. Man kann daher die Plastik in der Backstein-Architektur auch als eine Uebertragung der Töpferei in die Architektur auffassen. Diese Uebertragung fand jedoch nur sehr langsam und wohl erst in historischer Zeit statt, sie bezeichnet eine höhere Stufe der Kunstbildung, welche von den altorientalischen Völkern noch nicht erreicht wurde.

Auch in Aegypten wurde sie noch nicht erreicht. Hier entfalten sich ähnliche Zustände, wie in dem gewaltigen asiatischen Stromlande, jedoch auf minder ausgedehntem Raume. Ganz in derselben Weise, vielleicht noch intensiver, giebt der Nilstrom durch seine periodischen Anschwellungen dem Lande den reichsten Fruchtsegen, und aus dem Schlamme des geheiligten Stromes erbaute der Aegypter die Häuser für sich und seine Götter, auch seine Grabstätten. Mögen auch die gewaltigsten der Riesengräber, die Pyramiden des Cheops und Chefren aus behauenen Steinblöcken aufgethürmt sein, so zeigen sich doch eine ganze Anzahl von Pyramiden in dem unteren Stromlande größtentheils von Ziegeln errichtet. Der Uebergang zum Quaderbau vollzog sich in Aegypten übrigens leichter wegen der Nähe der Gebirge und ihres übergroßen Reichthums an den herrlichsten und festesten Steinen. Die Ziegelpyramiden wurden mit einer Umkleidung von natürlichen Steinen versehen und man wählte dazu ganz besonders harte Steine, äthiopischen Granit und Syenit. Zahlreiche Baulichkeiten, unter anderen das bekannte Labyrinth, bestanden ebenfalls aus Ziegelmauern mit Granit bekleidet. Es zeigt sich demnach hier ein ganz ähnliches Bildungsprincip wie in den Stromländern des Euphrat und Tigris. Und auch die Inkrustation mit gebrannten und glasirten Ziegeln wird hier in ähnlicher Weise wiedergefunden. Einzelne Wandflächen zeigen eine Art von Canellirung, aber so, daß die convexen Cylinderflächen dem Raume zugekehrt sind, die Wände demnach aus lauter aneinander gereihten Viertelsäulen zu bestehen scheinen. Die Oberflächen sind hierbei aus Thonplatten mit glashartem, grünlich blauem Glasurüberzuge hergestellt, aber horizontale Bänder von andersfarbigen glasirten Thonplatten unterbrechen in gleichmäßigen Abständen die Vertikalrichtung der Cylinderflächen. Die Thontafeln sind in Kalkmörtel eingesetzt und außerdem noch mittelst besonderer Metalldrähte, zu deren Aufnahme die Thontafeln an der Rückseite mit Löchern versehen wurden, mit einander im Mörtel verbunden. An anderen Stellen finden sich in den Mörtel eingedrückte Mosaiken, aus verschiedenfarbig glasirten Thonstückchen von etwa 1 Q.-Zoll Oberfläche. — Also auch hier zeigt sich einerseits der rohe Ziegel, meist ungebrannt, als massebildend, — andererseits der glasirte Backstein zur Herstellung einer buntfarbigen Flächeninkrustation — aber kein plastisch gebildetes Architekturglied aus gebranntem Thon.

Dem gegenüber erscheint die Töpferei weit vorgeschritten, wie die zahlreichen noch erhaltenen, meistens dem Todtencult gewidmeten Gefäße darthun. Häufig findet sich eine poröse, fast bimssteinartige, weiße Masse, eine Art von Steingut, mit sehr fester Glasur überzogen, auch eine dichtere Masse, auch wohl ägyptisches Porzellan genannt. Auch Gefäße aus porösen wirklichen Steinen hergestellt, scheint man mit Glasurüberzug versehen und diesen eingebrannt zu haben.

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